Aktuelle Hausforderungen im Supply-Chain-Management

Supply-Chain-Management ist heute wichtiger als je zuvor. Neben den Herausforderungen der Pandemie werden Unternehmen immer stärker für Produktionsbedingungen in die Verantwortung genommen. Vielerorts werden Strukturen bereits neu gedacht, um den aktuellen Bedingungen gerecht zu werden.

Nicht erst seit Corona ist Supply-Chain-Management eine anspruchsvolle Disziplin. Mit zunehmender Globalisierung wurden Liefer- und Fertigungsketten immer länger, komplexer und dynamischer. So können Verbraucher den gesamten Lebenszyklus eines Laptops vom Rohstoff über sämtliche Zwischenstufen bis zum Kauf kaum mehr nachvollziehen. Die einzelnen Bestandteile des Gerätes legen einen weiten Weg rund um den Globus zurück. Dabei wandern sie von Rohstoffproduzenten zu Zwischenhändlern und Zulieferern, werden zu Zwischenprodukten weiterverarbeitet und weiterverschickt. Und das gilt nicht nur für High-Tech-Ware und Grosskonzerne. Längst sind Hersteller aus allen Branchen vom Mittelstand bis zum Konzern Teil der weltweiten Produktions- und Lieferketten.

Auch die effizientesten Systeme sind nicht perfekt

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht bietet die kleinschrittige Arbeitsteilung innerhalb einer Produktionskette Vorteile. Die Beteiligten können sich auf ihre jeweilige Kernkompetenz konzentrieren und einen spezifischen Prozess optimieren. Ausserdem bietet weltweite Konkurrenz grössere Möglichkeiten zur Kostensenkung im Einkauf von Rohstoffen und Vorprodukten.

Aber das System hat auch Schwächen: Zum einen sind die konstanten Warenflüsse äusserst anfällig für Störungen durch externe Schocks. Zum anderen sind Supply-Chains aufgrund ihrer komplexen Strukturen und Verflechtungen immer unübersichtlicher. Dadurch sind umfassende und transparente Informationen etwa zur Klimabilanz oder zu den Arbeitsbedingungen entlang der Kette immer schwieriger zu erheben.

Corporate Responsibility – Pflicht zur Verantwortung

Im Bereich Corporate Responsibility werden Unternehmen immer stärker in die Pflicht genommen. Ursprünglich wurden globale Produktionsketten vor allem von Menschenrechtsorganisationen oder Umweltschützern kritisiert. Trotz der hohen Medienwirksamkeit erzielten diese Proteste vor allem punktuelle Erfolge, da sie zumeist gegen spezielle Themenbereiche, wie prekäre Produktionsbedingungen in Entwicklungsländern Kinderarbeit gerichtet waren.

Nach und nach entwickelten viele Verbraucher ein ganzheitliches Problembewusstsein. So hat sich das vorwiegend auf möglichst kostengünstige Massenprodukte ausgerichtete Kaufverhalten mit der Zeit gewandelt. Initiativen wie das Fair-Trade-Siegel sind als unabhängige Drittinstanzen entstanden, um Artikel aus verantwortungsvoller Herstellung zu kennzeichnen. Unternehmen reagieren darauf mit vielfältigen Massnahmen, indem sie ihre eigene Produktionsweise und die ihrer Zulieferer im Ausland prüfen.

Vieles geschafft, vieles noch offen

Doch angesichts der Komplexität von Supply Chains gestaltet sich die umfangreiche Prüfung äusserst schwierig. Ein Rückgriff aus das Beispiel Laptop: Produzenten solcher Geräte setzen das Endprodukt aus Einzelteilen wie Tastatur, Bildschirm, oder Kamera nur noch zusammen. Die Zwischenprodukte erwerben sie von unterschiedlichen Lieferanten, die die Rohstoffe und Vorprodukte ihrerseits wiederum von anderen Händlern beziehen.

In der Realität sind diese Abläufe noch wesentlich kleinschrittiger. Doch schon jetzt ist klar, wie viele unterschiedliche Unternehmen an der Herstellung eines einzelnen Produktes beteiligt sind. Folglich können Verkäufer nur mit sehr hohem Aufwand feststellen, ob jede einzelne Station entlang dieser meist länderübergreifenden Kette unter fairen und menschenwürdigen Umständen arbeitet.

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser – Neuer juristischer Rahmen

Deshalb arbeiten viele Länder an Vorschriften und Gesetzen, die eine transparente und wirkungsvolle Aufarbeitung bewirken sollen. Die am Ständemehr gescheiterte Konzernverantwortungsinitiative zielte bereits in diese Richtung. Ein Gegenvorschlag wurde hierzulande am 01.01.2022 umgesetzt. Dieser enthält zwar keine zusätzlichen Haftungsverpflichtungen für Konzerne, beinhaltet aber Sorgfaltspflichten, die bspw. über das Niveau der entsprechenden EU-Normen hinausgehen.

Demnach müssen Publikumsgesellschaften und grosse Finanzinstitute ihre Lieferketten sorgfältig auf Aspekte wie Kinderarbeit oder Konfliktmineralien prüfen und Verstösse melden. Auch hinsichtlich anderer humanitärer Aspekte und Umweltfolgen sind sie zur Berichterstattung verpflichtet. Die Nichtbeachtung kann mit Bussgeldern geahndet werden.

Über die Grenzen der Schweiz hinaus operierende Unternehmen sind darüber hinaus möglicherweise von der Gesetzgebung anderer Länder betroffen. Die ab Januar 2023 geltende EU-Richtlinie betrifft auch Zulieferer aus dem EU-Ausland, insofern sie mindestes 150´000´000 € Umsatz jährlich erwirtschaften. Verschärfte Regeln gelten für sogenannte Risikobranchen. Hier liegt die bereits bei 40´000´000 €.

Auch das seit Anfang 2022 geltende deutsche Lieferkettengesetz wirkt sich auf Schweizer Zulieferer aus. Es verpflichtet deutsche Produzenten u.a. zur Prüfung auf Menschenrechtsverstössen entlang der gesamten Lieferkette und enthält einen umfassenden Strafkatalog. Der damalige Arbeitsminister Heil sprach vom «schärfsten Gesetz in der EU».

Konzerne nehmen Verantwortung wahr

Verantwortungsvolles Supply-Chain-Management wird unter diesen Umständen bedeutender denn je. Aber auch auf Seiten der Unternehmen hat sich in den vergangenen Jahren einiges getan. Zwar werden wichtige Themen wie Klima- und Umweltverträglichkeit angesichts der aktuellen Rezession vielerorts von monetären Aspekten in den Hintergrund gedrängt, wie eine Umfrage des deutschen Bundesverbands Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik und der Firma Expense Reduction Analysts jüngst ergab.

Andererseits belegt das jüngste Gartner Supply Chain Ranking, dass die global player wesentliche Fortschritte im Bereich Nachhaltigkeit machen. Zwölf von 25 bewerteten Unternehmen schneiden hier mit dem Top-Score ab, während fünf weitere acht von zehn möglichen Punkten erzielen konnten. SpediFux hofft, dass sich dieser Trend fortsetzt und sich das Supply-Chain-Management auch langfristig wandelt.

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